Diese Mythen der Baufinanzierung halten sich hartnäckig

Die Baufinanzierung ist ein kompliziertes Feld. Nicht nur, dass es zahlreiche Möglichkeiten für die Kombination von Kreditvarianten gibt, für eine langfristig gesicherte Finanzierung ist es auch wichtig, dass Kosten und Raten genau geplant werden. Nicht selten kommt es dabei zu Fehlern, die für Bauherren schwer wiegende Folgen haben. Damit sich Fehler nicht so leicht einschleichen, sollten die nachfolgenden Mythen der Baufinanzierung beachtet werden.

Baufinanzierung: Nur die Höhe der Rate ist wichtig

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Die Aussage, dass es allein auf die monatliche Belastung ankommt, ist vor allem in Zeiten der historisch niedrigen Kreditzinsen tückisch. Zwar ist es aktuell aufgrund der günstigen Konditionen durchaus möglich, einen Kredit mit einer günstigen Rate abzuschließen, in solchen Fällen wird die Tilgung aber oft nur mit einem Prozent vereinbart. Dies bedeutet, dass gerade einmal ein Prozent der anfänglichen Kreditsumme im ersten Jahr getilgt wird. Bei einem Kreditbetrag in Höhe von 200.000 Euro sind dies nur 2.000 Euro. Die monatliche Annuität, also die Rate für das Darlehen, ermittelt sich grundsätzlich aus einem Zins- und einem Tilgungsanteil. Da der Zinsanteil aufgrund der vertraglich vereinbarten Zinssätze feststeht, können Kreditnehmer lediglich durch die Änderung des Tilgungssatzes Einfluss auf die monatliche Rate nehmen. Die unterschiedlichen Raten in Abhängigkeit des Tilgungssatzes zeigen sich in der nachfolgenden Aufstellung:

Kreditbetrag Zinssatz Tilgung 1% Tilgung 3% Tilgung 5%
100.000 Euro 3% p.a. 333,33 Euro 500 Euro 666,67 Euro
200.000 Euro 3% p.a. 666,67 Euro 1.000 Euro 1.333,33 Euro

Vor allem Familien, die aufgrund eines eher geringen Einkommens nur geringe Summen zur Verfügung haben, ist es natürlich verlockend, die Tilgung zu senken, um die Rate zu reduzieren. Vielfach liegt die Kreditrate damit sogar unterhalb der aktuellen Mietzahlungen. Durch die niedrige Tilgung erhöht sich jedoch die Kreditlaufzeit, denn das Darlehen wird deutlich langsamer zurückgezahlt. Dabei gilt, dass die Laufzeit umso länger ausfällt, je niedriger der Darlehenszins vereinbart wird.

 Darlehenszins  Tilgung 1%  Tilgung 2% Tilgung 4%
 2% p.a.  55 Jahre  35 Jahre  20 Jahre
 3% p.a.  46 Jahre  31 Jahre  19 Jahre
 4% p.a.  40 Jahre  28 Jahre  17 Jahre

Aus diesem Grund ist es wichtig, die aktuelle Niedrigzinsphase zu nutzen, um die Tilgung zu erhöhen. Wer sich dies nicht leisten kann, sollte überlegen, ob eine Immobilienfinanzierung überhaupt das Richtig ist und ob diese tatsächlich langfristig finanzierbar bleibt.

Der Kreditbetrag errechnet sich aus den Immobilienkosten plus zehn Prozent

Bevor eine Baufinanzierung abgeschlossen wird, sollten die anfallenden Kosten berechnet werden. Viele Bauherren halten sich dabei hartnäckig an die Formel: Immobilienkosten plus zehn Prozent. Neben den reinen Bau- und Erwerbskosten werden in dieser Rechnung lediglich zehn Prozent an Zusatzkosten kalkuliert. Kostet eine Immobilie beispielsweise 200.000 Euro, planen diese Bauherren zusätzliche 20.000 Euro ein. Dieses Geld ist jedoch vielfach bereits durch Maklerprovisionen, Notargebühren und Grunderwerbssteuern aufgebraucht. Die Außenanlagen hingegen werden vielfach überhaupt nicht kalkuliert. Doch auch hierfür sollten gut zehn Prozent eingeplant werden, denn die Anlage eines Gartens, das Pflastern der Einfahrt oder der Bau einer Garage benötigen ebenfalls immense Summen. Zusätzliche Kosten durch eine Doppelbelastung aus Miete und Kreditrate sind hierbei noch gar nicht berücksichtigt. Es ist daher wichtig, die Nebenkosten gut zu kalkulieren und mindestens 15 Prozent einzuplanen. Im Idealfall können diese Nebenkosten mit vorhandenem Guthaben finanziert werden. Auf Wunsch ist es mittlerweile aber auch möglich, die Finanzierung entsprechend höher zu vereinbaren und den Kreditbetrag aufzustocken.

So ermitteln sich die Gesamtkosten einer Baufinanzierung:

  • Bau- und Herstellungskosten bzw. Kaufpreis
  • Bei Neubauten: Grundstückspreis zzgl. Erschließung
  • Bei Altbauten: Aufstellung Umbau- und Renovierungsmaßnahmen
  • Architektenleistungen
  • Grunderwerbssteuer
  • Notarkosten für Kaufvertrag und Grundschuldeintragung
  • Eintragungen beim Grundbuchamt
  • Außenanlagen

Nachfinanzierungen sollten möglichst vermieden werden

Sollten die Kosten der Baufinanzierung nicht genau geplant werden, droht im schlimmsten Fall eine Nachfinanzierung. Hiervon spricht man, wenn sich nach Abschluss der Kreditverträge zeigt, dass doch mehr Geld als geplant benötigt wird. Die Bank muss dann ein weiteres Mal die Bonität des Kreditnehmers prüfen, die Immobilie bewerten und schließlich einen Kreditvertrag erstellen. Eine zusätzliche Kreditgenehmigung wird es allerdings nur dann geben, wenn das Einkommen der Familie für die Zahlung einer weiteren Rate ausreicht und gleichzeitig die Immobilie entsprechend werthaltig ist. Sollte dies nicht der Fall sein, kann eine Nachfinanzierung sehr teuer werden, denn diese kann nicht nur die Grundschuldeintragung gesichert werden. Die Banken finanzieren demnach „blanko“, also ohne Sicherheiten, was extrem riskant ist. Sollten die Immobilienbesitzer einmal Insolvenz anmelden müssen, könnte der Kreditbetrag verloren sein, denn durch den Verkauf des Objektes wäre es dann nicht mehr möglich, die Kreditschuld zu tilgen. Aus diesem Grund sollten alle notwendigen Finanzierungssummen bereits im ersten Bankgespräch auf den Tisch, um die Finanzierung entsprechend zu planen und die Kredite aufzuteilen.

Viele Eigenleistungen senken die Kreditbelastung

Um den Kreditbetrag zu senken und die Finanzierungskosten zu reduzieren, nutzen viele Bauherren die Möglichkeit, Eigenleistungen einzubringen. Dabei werden beim Bau eines Hauses einige Arbeiten, etwa das Verlegen von Fußböden oder der Einbau von Innentüren, selbst vorgenommen. Generell gilt natürlich, dass die Kosten umso niedriger sind, je mehr Eigenleistungen getätigt werden. Allerdings kommt es dabei häufig dazu, dass sich Bauherren selbst überschätzen. Gerade Bauherren, die keinen handwerklichen Beruf ausüben, haben es schwer. Auch wenn einige Arbeiten auf den ersten Blick recht einfach erscheinen, können sich bei der Ausführung doch Probleme ergeben. Hinzu kommt, dass jede dieser Arbeiten enorm Zeit in Anspruch nimmt. Wer in Vollzeit arbeitet und dazu noch eine Familie versorgen möchte, kommt schnell an seine Grenzen. Aus diesem Grund sollte gut überlegt werden, welche Arbeiten wirklich in Eigenregie durchgeführt werden und was durch den Handwerker abgedeckt wird. Müssen Handwerker nämlich erst im Nachhinein beauftragt und die Kosten finanziert werden, kann dies zu erheblichen Mehrkosten führen.

Der Immobilienkauf rechnet sich nicht immer

Die in den vergangenen Jahren stark gesunkenen Immobilienzinsen hatten zur Folge, dass sich viele Menschen den Traum vom Eigenheim erfüllt haben. Immobilien wurden mittlerweile sogar zu begehrten Investitionsobjekten. Durch die stark gestiegene Nachfrage sind die Preise für Häuser jedoch deutlich gestiegen. In Metropolen wie München, Stuttgart und Berlin finden sich Regionen, in denen die Hauspreise in den vergangene zwei bis drei Jahren um gut 20 Prozent gestiegen sind. Wer hier eine Neuinvestition plant, muss nun deutlich tiefer in die Tasche greifen. Trotz niedriger Zinsen fällt dann eine enorme Mehrbelastung aufgrund der höheren Kreditsummen an. Allerdings ist es in ländlichen Regionen nach wie vor sinnvoll, in ein Eigenheim zu investieren, denn dies kann auch als vorgezogene Altersvorsorge genutzt werden. Im Rentenalter muss dann keine Mietzahlung mehr aufgebracht werden und man kann ohne Sorgen leben. Ob es sich rechnet, aufs Land zu ziehen, muss die individuelle Kostenaufstellung zeigen, denn wer täglich in die Metropole pendeln muss, muss die entsprechenden Nebenkosten kalkulieren.

Auf Eigenmittel kann heutzutage verzichtet werden

Noch vor einigen Jahren war eine Baufinanzierung ohne Eigenmittel nicht möglich. Kreditsuchende mussten mindestens 20 Prozent der Gesamtkosten selbst zur Verfügung haben und in die Finanzierung einbringen können. Wer also einen Kredit über 200.000 Euro benötigte, musste 40.000 Euro auf Sparkonten oder Tagesgeldkonten nachweisen können. Hintergrund ist die Tatsache, dass bei Immobilienbewertungen immer ein Abschlag in Höhe von 20-30 Prozent vorgenommen wird. Kredite sind für Banken demnach nur bis zu 70-80 Prozent des Gesamtbetrages abgesichert. Sollte die Darlehenssumme steigen, gehen die Banken vergleichsweise hohe Risiken ein. Um diese Risiken zu finanzieren, werden die Zinssätze entsprechend angehoben, was die Finanzierung verteuert. Gleichzeitig erhöhen sich die Raten aber auch wegen der hohen Kreditsummen, weshalb Vollfinanzierungen nur an Menschen mit entsprechendem Einkommen und einwandfreier Bonität vergeben werden.

Kreditvergleiche können sich lohnen

Ein letzter Mythos, der sich trotz Internet nach wie vor hält, ist die Frage nach den Zinssätzen. Viele Kreditnehmer gehen davon aus, dass die eigene Hausbank ganz sicher die besten Zinsen für die eigene Finanzierung hat, schließlich ist man hier schon jahrelang Kunde. Dass die Zinsfestlegung jedoch nicht in der Filiale vor Ort, sondern in der oft weit entfernten Zentrale festgelegt wird, wird dabei häufig vergessen. Selbst die Sparkassen, die ja in der Region aktiv sind, sind oft an Vorgaben gebunden. Es kann sich daher lohnen, die verschiedenen Kreditangebote der Institute zu vergleichen und gegenüber zu stellen. Nicht selten zeigen sich dabei Zinsunterschiede von 0,2-1,0 Prozent, die sich auf eine Baufinanzierung durchaus auswirken können. Selbst geringe Zinsunterschiede wirken sich enorm aus, da die Summen entsprechend hoch ausfallen. Bei einem Darlehen über 200.000 Euro sorgt ein höherer Zins von 0,5 Prozent für eine jährliche Mehrbelastung von 1.000 Euro. Bei einer zehnjährigen Darlehenslaufzeit „verschenken“ Kreditnehmer so ohne einen Zinsvergleich 10.000 Euro. Ein Zinsvergleich kann also viel Geld sparen und ist über das Internet binnen weniger Minuten durchgeführt.

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