Kein leichtes Unterfangen: Sich als Mediziner selbständig machen
Der Weg vom Abiturienten zum niedergelassenen Arzt ist lang: Nach dem sechsjährigen Medizinstudium folgt zunächst eine einige Jahre andauernde Zeit als Assistenzarzt, zumeist im Krankenhaus. In diesem Zeitraum spezialisieren sich die jungen Mediziner auf eine bestimmte Fachrichtung und werden beispielsweise Anästhesist, Gynäkologe oder Kinderarzt. Den Abschluss dieser Praxislernphase kennzeichnet die sogenannte Approbation, womit eine Facharztprüfung gemeint ist. Danach wollen sich die meisten Ärzte niederlassen – und werden mit der Praxisgründung gleichzeitig auch zum Unternehmer. Welche Voraussetzungen müssen für die Zulassung erfüllt werden und wie lässt sich die Praxis finanzieren?
Inhalt
- Immer mehr Ärzte in Deutschland aktiv
- Rechtliche Hürden: Bewerbung als Vertragsarzt für Praxiseröffnung notwendig
- Praxis Übernahme oder Neugründung?
- Patientenstamm als Kapital: Hohe Kosten für die Praxisübernahme
- Das kostet die Eröffnung einer Praxis
- Standortfaktoren berücksichtigen
- Gesuchte Ärzte: Förderungen in Anspruch nehmen
- Deutsche Bank leistet umfangreiche Unterstützung
- Hoher Aufwand – und hohe Verdienstchancen
Immer mehr Ärzte in Deutschland aktiv
Mehr als 370.000 Ärzte sind in Deutschland derzeit tätig – trotz Ärztemangel in vielen Regionen handelt es sich dabei um einen Rekord. Vor rund zehn Jahren waren es noch gut 60.000 aktive Ärzte weniger. So wünschenswert diese Entwicklung für die Versorgung der Bevölkerung insgesamt ist, so problematisch ist die Konkurrenz auch für junge Mediziner, die eine eigene Praxis eröffnen wollen. Denn unabhängig von Idealismus und Berufsethos ist die Eröffnung einer eigenen Artztpraxis der Sprung in das Unternehmertum. Natürlich muss sich das Vorhaben auch finanziell lohnen – ansonsten droht einer Arztpraxis ebenso die Insolvenz wie einem Handwerksbetrieb.
Rechtliche Hürden: Bewerbung als Vertragsarzt für Praxiseröffnung notwendig
Die Approbation reicht theoretisch für die Eröffnung oder die Übernahme einer Praxis aus, allerdings können zunächst nur Selbstzahler oder Privatpatienten behandelt werden, was die große Mehrheit der gesetzlich Versicherten noch ausschließt. Um auch diese Klientel behandeln zu können, muss sich der Arzt als Vertragsarzt bewerben. Dabei handelt es sich allerdings nur um eine formale Frage: Eine Eintragung im Arztregister und ein schriftlicher Antrag auf Zulassung beim Zulassungsausschuss reichen aus, damit eine Kostenerstattung auch für gesetzlich versicherte Patienten möglich ist – und die eigene Praxis eine Geschäftsgrundlage erhalten kann. Eine Arztpraxis, die ausschließlich Privatpatienten behandelt, dürfte wirtschaftlich kaum zu führen sein. Eine Verweigerung der Zulassung ist selten, kann allerdings durchaus erfolgen, wenn Zweifel an der charakterlichen Eignung bestehen: Wer vorbestraft, durch Alkoholismus oder Drogendelikte aufgefallen ist, dem dürfte die Zulassung in der Regel versagt werden.
Praxis Übernahme oder Neugründung?
Weiterhin sollten sich die jungen Ärzte die Frage stellen, ob eine bestehende Praxis übernommen werden oder aber eine Neugründung erfolgen soll. Dabei sollten durchaus beide Optionen in Erwägung gezogen werden, denn die Wahl scheint nicht leicht. Für die Übernahme einer Praxis spricht zum einen die Tatsache, dass der Patientenstamm in der Regel mit übernommen wird. Natürlich ist es möglich, dass einige Patienten wechseln; üblicherweise bleiben sie allerdings der Praxis treu. Aktuelle Erhebungen zeigen, dass etwa 10 – 20 Prozent des alten Patientenstamms abwandern – eine überschaubare Zahl, die üblicherweise auch schnell wieder ausgeglichen werden kann. Je nach Standort ist dieser Aspekt wirtschaftlich von Vorteil, weil mit den Patienten natürlich auch die Einnahmen generiert werden. Zudem sind die vom Vorgänger getätigten Umsätze gegenüber den Banken ein gewichtiges Argument, wenn Kredite für die Übernahme oder möglicherweise notwendig werdende Modernisierungsmaßnahmen beantragt werden. Außerdem können sich die jungen Ärzte nicht selten auf eingespieltes Personal verlassen, sodass der Einstieg reibungslos gelingt.
Patientenstamm als Kapital: Hohe Kosten für die Praxisübernahme
Üblicherweise ist die Übernahme einer Praxis allerdings teurer, obwohl die Ausstattung vom Vorgänger keinesfalls neu ist. Diese Kosten hängen mit dem Patientenstamm zusammen, der ebenso als Kapital gewertet wird. Der zumeist in den Ruhestand wechseln der Arzt möchte gewissermaßen auch Zahlungen für die in der Vergangenheit geleistete Arbeit erhalten. Zudem sind sich die aus dem aktiven Berufsleben ausscheidenden Ärzte durchaus im Klaren darüber, dass eine eigene Praxis in bestimmten Gebieten und Stadtteilen auch sehr attraktives und eine gewisse Nachfrage besteht. Für Allgemeinmediziner besteht zur Übernahme einer Praxis oftmals keine Alternative: Aufgrund der großen Ärztedichte in vielen beliebten Städten und Kommunen werden Neuzulassungen nicht erteilt. Ausnahmen stellen hier Gebiete dar, die noch nicht zulassungsbeschränkt sind – was vorwiegend im ländlichen Raum, insbesondere in Ostdeutschland der Fall ist. Diese Regelung gilt wie bereits erwähnt allerdings nur für Allgemeinmediziner, Fachärzte unterliegen solchen Beschränkungen nicht.
Das kostet die Eröffnung einer Praxis
Für die Praxisneugründung spricht zunächst die Tatsache, dass der Standort vollkommen frei gewählt werden kann. Überhaupt folgen das gesamte Konzept sowie die Einrichtung den Vorstellungen des jungen Mediziners – komplett bei „Null“ anzufangen kann je nach Perspektive auch befreiend sein. Demgegenüber stehen natürlich die hohen Aufwendungen, die in jeder Hinsicht erbracht werden müssen. Wie bei einer Unternehmensneugründung auch, besteht kein gesicherter Umsatz durch einen festen Patientenstamm. Diese Tatsache muss bei der Finanzierung berücksichtigt werden, indem zumindest für das erste Jahr keine hohen Einnahmen einkalkuliert werden – die Praxis wird sich in dieser Zeit kaum selbst tragen können. Die Kosten für die notwendige Ausstattung einer Zahnarztpraxis belaufen sich beispielsweise auf gut 25.000 Euro, für notwendige Modernisierungen sollten etwa 3000 Euro jährlich zurückgestellt werden. Fachangestellte haben einen Durchschnittsbruttolohn von 1.800 Euro, bei mindestens zwei Angestellten können sich die Gehaltskosten auf etwa 45.000 Euro jährlich addieren. Etwa 2.000 Euro sollten zudem im selben Zeitraum für Fortbildungen ausgegeben werden. Mögliche bauliche Maßnahmen, die vor der Praxiseröffnung notwendig werden, sowie Werbung sind noch gar nicht einkalkuliert. Auch die Materialkosten betragen bei einer Zahnarztpraxis und 10.000 Euro jährlich. Bei einer soliden Finanzierung muss davon ausgegangen werden, dass diese Kosten zunächst ohne adäquate Einnahmen getragen werden müssen.
Standortfaktoren berücksichtigen
Eine grundsätzliche Frage, die natürlich geklärt werden muss, ist die Verfügbarkeit: Abgesehen von den gesetzlichen Restriktionen bei Allgemeinmedizinern und der Erfüllung der bereits genannten Voraussetzungen kann natürlich immer eine neue Praxis eröffnet werden. Für die Übernahme einer bestehenden Praxis existieren häufig Wartelisten – wer hinsichtlich des Ortes nicht flexibel ist, dürfte nicht selten Schwierigkeiten bekommen, eine Praxis zu finden, die nach einem Nachfolger sucht. Wer prinzipiell auch bereit ist, für die eigene Arztpraxis umzuziehen, sollte natürlich bedenken, dass er damit auch den Lebensmittelpunkt der Familie verlegt. In jedem Fall sollte vorher eine fachliche Beratung eingeholt werden; anhand einer Standortanalyse lässt sich üblicherweise feststellen, ob eine Praxisneueröffnung auch wirtschaftlich lohnenswert ist. Maßgeblich sind dabei beispielsweise die Altersstruktur der Bevölkerung sowie die Kaufkraft in der Umgebung. Ebenso ist natürlich die Frage von Interesse, wie viel Mitbewerber im gleichen Fachgebiet bereits um Patienten werben.
Gesuchte Ärzte: Förderungen in Anspruch nehmen
Weiterhin sollte bei der Wahl des Standorts beachtet werden, dass einige Bundesländer insbesondere in Regionen mit geringer Ärztedichte auch die Ansiedlung finanziell bezuschussen: In Nordrhein-Westfalen erhalten Ärzte, die sich in Gemeinden mit akuter oder drohender Unterversorgung niederlassen, bis zu 50.000 Euro. Allzu strenge Voraussetzungen müssen zwar nicht erfüllt werden, allerdings verpflichten sich die Ärzte je nach Gebiet mindestens für fünf, maximal für zehn Jahre, ihre ärztliche Tätigkeit dort auszuüben. Bei einem Finanzierungsbedarf unterhalb von 100.000 Euro erscheint außerdem der ERP-Gründerkredit „StartGeld“ der KfW Bankengruppe lohnenswert: Gegenüber dem konventionellen Bankenkredit liegen die Vorteile in der weniger strengen Bonitätsprüfung und den attraktiven Konditionen; derzeit liegt der effektive Jahreszins knapp über 2 %. Die Bewilligung wird dabei durch eine sogenannte 80prozentige Haftungsfreistellung erreicht. Abgeschlossen wird der Grunde Kredit durch eine Partnerbank, die allerdings im Falle eines Kreditausfalls nur für 20 % der Schuld haftet – das Risiko bleibt für das private Kreditinstitut also überschaubar, weshalb es nur selten zu einer Ablehnung des Kreditantrages kommt. Bei dem Darlehen handelt es sich allerdings nicht um ein speziell auf junge Mediziner zugeschnittenes Produkt, prinzipiell kann jeder Existenzgründer den Gründerkredit in Anspruch nehmen.
Deutsche Bank leistet umfangreiche Unterstützung
Insgesamt zeigt sich also: Unabhängig von der Frage, ob eine Praxis übernommen werden oder eine Neugründung erfolgen sollte, müssen eine Vielzahl von Faktoren Beachtung finden, damit das Vorhaben aus unternehmerischer Sicht gelingt. Die Deutsche Bank hat speziell für Heilberufe ein Portal eingerichtet, welches jungen Ärzten im Rahmen der Existenzgründung Hilfestellung geben soll. Durch eine individuelle Wettbewerbsanalyse am gewünschten Standort kann die Entscheidung vereinfacht werden, gleichzeitig werden flexible Finanzierungsangebote offeriert. Durch das notwendige betriebswirtschaftliche Know-how lässt sich das Risiko eines wirtschaftlichen Misserfolgs minimieren, indem die Potenziale bereits im Vorfeld erkannt werden. Dabei sind diese Möglichkeiten allerdings keinesfalls auf Praxisneugründungen und Übernahmen beschränkt: Auch wenn eine bestehende Praxis in eine wirtschaftliche Schieflage gerät, kann der „PraxisCheck“ dabei helfen, die Ursachen dafür zu finden. Unterteilt nach Fachrichtungen können in jeder Region die Kennzahlen aufgerufen werden, welche Wettbewerber durchschnittlich erzielen. Neben wichtigen Daten wie Umsatz, Kosten und daraus resultierend auch dem Gewinn werden beispielsweise Abschreibungen sowie der Anteil an Privatpatienten angezeigt. Aufgrund der im Vergleich zu gesetzlich Versicherten höheren Vergütung ist dieser Anteil ein wirtschaftlich durchaus entscheidender Faktor. Ein persönlicher Betreuer kann dabei helfen, die finanziell möglicherweise optimierungswürdige Situation zu verbessern. Darüber hinaus werden Checklisten angeboten, die vorhandene Lücken bei der privaten Vorsorge oder rechtlichen Rahmenbedingungen im Zuge einer Praxiseröffnung offenbaren. Mit dem Portal für Heilberufe bietet die Deutsche Bank ein umfassendes Angebot zur Ziel-gerichteten Unterstützung von jungen Medizinern.
Hoher Aufwand – und hohe Verdienstchancen
Doch auch wenn die Hürden hinsichtlich finanzieller und rechtlicher Anforderungen hoch erscheinen, lohnt sich die Praxis Neueröffnung zumeist – auch finanziell: Mediziner gehören zu den Topverdienen in Deutschland, selbst Allgemeinmediziner erwirtschaften monatlich ein Reingewinn von mindestens 11.500 Euro.