Immer weniger privat Krankenversicherte
Die Zahl der privat Vollversicherten ist im Jahr 2014 erneut zurückgegangen. Das gab der Dachverband der privaten Krankenversicherer PKV jetzt bekannt. Insgesamt konnten die privaten Krankenkassen jedoch einen Anstieg der Kundenzahlen vermelden. Der Grund: Immer mehr wollen sich über Zusatzversicherungen fürs Alter absichern.
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Insgesamt 8,83 Millionen Personen waren Ende 2014 in Deutschland vollumfänglich privat krankenversichert. Das ist noch einmal weniger als im Vorjahr, im Vergleich zu 2013 verlassen sich 55.700 Menschen weniger auf eine private Krankenvollversicherung. Schon im Vorjahr war ein deutlicher Rückgang zu erkennen gewesen. Dieser Trend setzt sich offenbar fort, wenngleich der Rückgang schwächer ist als im Vorjahr.
Privatversicherer: Weniger Vollversicherte, mehr Kunden
Bei den Privatversicherern wird das allerdings wohl kaum große Trauer auslösen. Immerhin konnte die Gesamtzahl der Kundschaft gesteigert werden. Gerade bei der Altersvorsorge konnten die Privatversicherer deutlich zulegen. Es besteht offenbar sehr großes Interesse an Zusatzversicherungen, diese sind um 1,9 Prozent gewachsen. Zählt man die geltenden Voll- und Zusatzversicherungen zusammen, kommt man auf 33,18 Millionen Verträge zwischen Kunden und Privatversicherern.
Gerade bei der Altersvorsorge konnte man einen Zuwachs verzeichnen. Die Menschen in Deutschland stellen sich damit immer mehr auf den demographischen Wandel ein, der schon in wenigen Jahren das Verhältnis von Pflegebedürftigen zu Pflegekräften in ein äußerst ungleiches Verhältnis stellen wird. Viele sichern sich jetzt ab, indem sie Zusatz-Pflegeversicherungen abschließen. Das gilt oft auch für Kassenpatienten, die Vorsorge treffen wollen, die über das gesetzliche Versicherungspaket hinausgeht.
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Die Pflegepolicen sind zum Teil staatlich gefördert und sind nun um 55 Prozent angestiegen. Mittlerweile gibt es 558.600 solcher Verträge in Deutschland. Gleichzeitig sind die Alterungsrückstellungen im Jahr 2014 um 6,3 Prozent angewachsen, und das trotz der aktuellen Niedrigzinsphase. Die Gesamtsumme der Alterungsrückstellungen beträgt nunmehr 206,2 Milliarden Euro. „In den vergangenen zehn Jahren haben sich die Alterungsrückstellungen der Versicherten mehr als verdoppelt“, erklärte der Vorsitzende des PKV, Uwe Laue, bei der Vorstellung der endgültigen Zahlen für 2014.
PKV und GKV – Zwei völlig unterschiedliche Modelle
Als Alterungsrückstellung bezeichnet man das Geld, das die Versicherer in jungen Jahren auf die eigentlich erforderliche Prämie aufschlagen, um im Alter, wenn sich Krankheitsanfälligkeit, damit Behandlungshäufigkeit und damit Kosten für die Versicherung erwartungsgemäß erhöhen, die zusätzlichen Ausgaben von diesen Rücklagen zu finanzieren. In diesem Punkt unterscheiden sich die privaten Versicherer grundlegend von den gesetzlichen. Bei den gesetzlichen Krankenkassen gilt nämlich ein völlig anderes Prinzip. Hier müssen nach dem sogenannten Umlageverfahren alle laufenden Kosten immer von der Beitragsgeneration gedeckt werden. Ähnlich der Rentenversicherung könnte dies in Deutschland bald zu einem erheblichen Problem werden, da der demographische Wandel das Verfahren ad absurdum zu führen droht.
Das Modell der privaten Krankenversicherer, bei dem ein jeder für sich selbst verantwortlich ist und seine eigenen Rücklagen für das Alter ansammelt, wird deshalb für viele immer attraktiver. Ein weiterer grundlegender Vorteil bei den PKV ist, dass Beiträge individuell berechnet werden. Es kommt auf Eintrittsalter, Gesundheit und individuelles Risiko an. Wer hier gute Werte hat, zahlt auch weniger Beiträge. Das ist vor allem für junge Menschen in vielen Fällen höchst attraktiv.
Grundsätzlich sind die Regelungen in Deutschland wie folgt: Arbeitnehmer, die unter der Pflichtversicherungsgrenze von derzeit 54.900 Euro verdienen, müssen sich in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung versichern. Wer mehr als das verdient, darf sich entscheiden, ob er sich trotzdem freiwillig bei den gesetzlichen Kassen verpflichtet oder lieber einen Vertrag mit einem Privatversicherer abschließen will. Sonderregelungen gibt es für Selbstständige sowie Beamte: Die Pflichtversicherungsgrenze gilt für beide Bevölkerungsgruppen nicht, sie dürfen sich in jedem Fall frei entscheiden, unabhängig vom Einkommen. Sich nicht gegen Krankheit und Pflegebedürftigkeit zu versichern ist im Sozialstaat Deutschland nicht möglich. In anderen Ländern, wie zum Beispiel den USA dagegen schon. Hier trifft das öfter einmal ärmere Bürger, die sich einen Krankenversicherung nicht leisten können oder wollen, dann aber doch auf eine teure Behandlung angewiesen sind, besonders schwer.
Wer über der Einkommensgrenze liegt, hat die Wahl
Der Rückgang der Vollversicherungen bei den privaten Versicherern ist darauf zurückzuführen, dass die Pflichtversicherungsgrenze oder auch Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) zuletzt angehoben wurde. Viele der Arbeitnehmer, die zuvor über dieser Linie lagen und sich deshalb privat versichern konnten, sind nach der Anhebung herausgefallen und sind nun wieder gesetzlich versichert. Die JAEG wird immer an die durchschnittliche Bruttolohnsumme in Deutschland angepasst.
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Wer einmal in der privaten Krankenversicherung drin ist, hat es in vielen Fällen gar nicht einmal so einfach, wieder aus ihr herauszukommen, wenn das erwünscht ist. Das System ist kompliziert und an vielen Stellen nur schwer zu durchschauen. Vielen bleibt damit nur das Schlupfloch, das regelmäßige Bruttoeinkommen unter die aktuelle JAEG zu drücken. Dazu zählen auch sogenannte regelmäßige Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld sowie Prämien. Diejenigen, die schon vor dem 31. Dezember 2002 Privatpatienten waren, haben das Pech, dass die JAEG damals noch niedriger lag, nämlich bei 49.500 Euro brutto. Wer unter diese Grenze kommt, und sei es nur um einen Euro, wandert sofort zurück ins gesetzliche System – und darf dort auch bleiben, wenn er wieder über die JAEG kommt.
Kundenzusammensetzung Privatversicherer
Beamte | 24,7 % |
Sonstige Nichterwerbstätige | 19,9% |
Pensionäre | 17,5 % |
Selbstständige | 15,7 % |
Arbeitnehmer | 11,6 % |
Rentner | 7,5 % |
Studenten | 2,9 % |
Arbeitslose | 0,2% |
Viele wollen aus ihrer Privatversicherung raus. Nachdem für junge Leute der Einstieg oft günstig ist und verlockend erscheint, gibt es mit zunehmendem Alter plötzlich viele Argumente für die gesetzlichen Kassen. Bei Privatversicherern gibt es zum Beispiel keine Familienversichererung, und so wünschen sich viele nach Familiengründung die Möglichkeit, zurück in die gesetzliche Krankenkasse wechseln zu dürfen. Das ist allerdings vom Gesetzgeber bewusst erschwert worden, um ein dauerndes Hin- und Herwechseln zu vermeiden. Niemand soll sich die Rosinen rauspicken und etwa als junger Mensch von den Vorteilen bei den PKV profitieren und im Alter die Vorzüge der gesetzlichen Kassen genießen. Der Einstieg ins private System soll eine Entscheidung fürs Leben sein.
Wer es doch schafft, auszusteigen, verliert meistens gar nicht einmal so wenig Geld. Sämtliche Alterungsrückstellungen, für die man über Jahre gezahlt hat, sind dann nämlich mit einem Schlag wieder weg. Es lohnt sich also, den Einstieg in die PKV nur nach reiflicher Überlegung zu wagen. Bei den privaten Krankenversicherern sind vor allem Rentner, Pensionäre, Beamte und Selbstständige unter Vertrag. Arbeitnehmer machen gerade einmal 11,6 Prozent der Versicherten aus.