Pilates – mit starker Tiefenmuskulatur zu einem gesunden Leben

Ob in Fitnessstudios, Kursen oder im Heimtraining: Das gerätefreie Training, das Yoga und Pilates anbieten, wird immer beliebter. Während Yoga primär auf die innere Balance zwischen Körper und Geist abzielt, ist Pilates für die Stärkung der Tiefenmuskulatur bekannt. Die Kombination aus kontrollierten, geführten Bewegungsabläufen und einer bewussten Atemtechnik hilft, auch Muskelgruppen zu mobilisieren und zu stärken, die eher tief liegen. Das sorgt bei überschaubarem Kraftaufwand für eine schnelle Definition der trainierten Muskelgruppen. Auch im Rehabilitationsbereich ist Pilates eine beliebte Trainingsmethode. Doch woher kommt die althergebrachte Trainingstechnik und wie genau funktioniert sie?

Die Geschichte des Pilates

Erfunden wurde das Ganzkörpertraining 1883 von Joseph Hubert Pilates, der in Mönchengladbach geboren wurde. Entgegen vielen Annahmen hat Pilates also keinen fernöstlichen Ursprung. Nach dem Tod seiner Frau war Joseph Pilates nach England ausgewandert und wurde dort zu Beginn des Ersten Weltkrieges interniert. In dieser Zeit soll er das nach ihm benannte Ganzkörpertraining entwickelt haben. Zunächst diente es der Ertüchtigung der mit ihm internierten Soldaten. So sollte das Training zu einer besseren Konstitution und Haltung beitragen. Nachdem er in die USA ausgewandert war, eröffnete Joseph Hubert Pilates mehrere Studios. Schließlich verstarb er 1967 im Alter von 84 Jahren. Da er ohne Testament verstarb, waren es seine Schüler, die weitere Pilatesstudios eröffneten und die Trainingsmethode in die Welt hinaus trugen.

Wie funktioniert Pilates?

Im Grunde besteht das Training aus drei Elementen: Kraftübungen, Stretching und bewusster Atmung. Durch die Kombination dieser drei wird es dem Trainierenden ermöglicht, tief liegende, meist eher schwächere Muskelgruppen zu mobilisieren. Durch die Stärkung dieser Muskelgruppen wird der gesamte Bewegungsapparat gestärkt, was bereits nach kurzer Zeit zu einer besseren Haltung und sichtbarer Muskeldefinition führt. Gerade für eine gesunde Körperhaltung sind die angesprochenen, tief liegenden Muskelgruppen essentiell. So dient Pilates nicht nur dem Training für eine optisch schöne Figur, sondern erfüllt auch einen gesundheitlichen Zweck. Durch die geringe Verletzungsgefahr ist Pilates auch für die Rehabilitation nach Unfällen geeignet.

Zentral für die Übungen im Pilates ist das sogenannte „Powerhouse“. Dieses bezeichnet die in der Körpermitte liegende Stützmuskulatur rund um die Wirbelsäule. Spricht der Pilatestrainer davon, das Powerhouse zu aktivieren, ist damit eine Anspannung der Bauchmuskulatur gemeint, während derer der Bauchnabel Richtung Wirbelsäule gezogen werden soll. Auf diese Weise wird die innen liegende Stützmuskulatur in Anspruch genommen. Ausgehend von dieser ersten Muskelmobilisierung finden die weiteren Übungen statt. Die aufbauenden Übungen sollen nicht nur stärken, sondern auch die Körperwahrnehmung schärfen, die Beweglichkeit erhöhen, die Motorik verbessern und die Atmung schulen. Deshalb wird bei der Anleitung zum Training nicht nur erklärt, wie die Übungen auszuführen sind, sondern auch, wie die Atmung erfolgen soll. Das Grundprinzip dabei ist: bei Belastung der Muskulatur wird ausgeatmet, bei Entspannung wird wieder eingeatmet. So minimiert der Trainierende das Verletzungsrisiko. Außerdem trägt die Atemtechnik zu einer bewussten Ausführung der Übungen bei, da besonders wichtig ist, diese nicht zu schnell und zu ruckartig durchzuführen. Vielmehr soll ein fließender Ablauf der einzelnen Bewegungen etabliert werden.

Zusammengefasst werden kann Pilates auf diese sechs Grundprinzipien:

  • Kontrolle: Alle Bewegungen sollen kontrolliert ausgeführt werden, damit auch die kleinsten Muskelfasern gestärkt werden.
  • Konzentration: Der Trainierende soll seine gesamte Aufmerksamkeit auf den eigenen Körper richten, die Durchführung der Bewegung soll mental begleitet werden.
  • Zentrierung: Die Aktivierung und Stärkung des Powerhouses ist Dreh- und Angelpunkt der Trainingsmethode. Die Stützmuskulatur, welche die Wirbelsäule schützt und die Organe zusammen hält, ist die wichtigste Muskelgruppe im Körper.
  • Fließende Bewegungsabläufe: Alle Bewegungen werden fließend und ohne Unterbrechungen durchgeführt. Abrupte Bewegungen sind nicht vorgesehen und erhöhen das Verletzungsrisiko.
  • Atmung: Neben dem Powerhouse ist die bewusste Atmung ein weiteres, entscheidendes Element im Pilates. Mit Hilfe der bewussten Atmung sollen die Übungen kontrolliert ausgeführt und Verspannungen vermieden werden.
  • Entspannung: Die Übungen sollen eine Entspannung der Muskelgruppen herbeiführen, welche langfristigen Verspannungen entgegenwirkt und die Mobilität des Körpers wiederherstellt. Durch die mentale Konzentration auf den eigenen Körper wird zudem der Alltagsstress aus den Gedanken verbannt, was Trainierenden häufig auch eine psychische Entspannung verschafft.

Neben dem Training auf der Matte ohne Geräte, kann Pilates auch mit Geräten durchgeführt werden. Diese wurden von dem Schöpfer der Trainingsmethode selbst erfunden und etabliert. Im Detail handelt es sich um diese fünf Geräte:

  • Reformer
  • Cadillac
  • Chair
  • Barrel
  • Spine Corrector

Obwohl den meisten Einsteigern das Mattentraining viel geläufiger ist, raten Experten tatsächlich dazu, mit dem Gerätetraining einzusteigen. Das gerätelose Mattentraining ist ursprünglich nur für Fortgeschrittene vorgesehen. Im Allgemeinen wird Anfängern nahegelegt, nicht ohne einen qualifizierten Trainer mit Pilates zu beginnen. Dieser sollte die korrekte Ausführung der Bewegungen sowie die Körperhaltung überwachen und gegebenenfalls korrigieren. Mittlerweile bieten auch viele Fitness-Apps Pilates in ihrem Programm an, weshalb die meisten Einsteiger ohne Geräte und ohne Trainer mit Pilates beginnen. Dieser Umstand wird von Experten kritisch betrachtet, da keine Korrektur der Haltung während der Übungen erfolgt. Soll das Training dennoch mit einer App oder DVD begonnen werden, ist darauf zu achten, dass die Übungen aus verschiedenen Perspektiven dargestellt werden. So kann eine möglichst korrekte Ausführung auch ohne Trainer garantiert werden.

Kritik an der Trainingsmethode Pilates

Trotz des großen Erfolges, den Pilates gerade im englischsprachigen Raum verzeichnen kann, wird die Trainingsmethode kritisiert. Vor allem die Tatsache, dass es bislang keine einheitliche Ausbildung für die Trainer gibt und die Methode nicht geschützt ist, sorgt immer wieder für Verwirrungen. Durch diesen Umstand sind viele verschiedene Lehrmethoden im Umlauf, sodass jeder Trainer Pilates in einer leicht abgewandelten Form unterrichtet. Aufgrund des hohen Aufsehens, das Pilates erzeugte, haben viele Fitnessstudios zudem damit begonnen, ihre damaligen Aerobic-Kurse als Pilateskurse zu verkaufen. Dies sorgt sowohl unter Trainern als auch Schülern des tatsächlichen Pilates zu Ärger und Verwirrung. Mittlerweile organisieren sich viele zertifizierte Trainer und Ausbilder in bundesweiten Verbänden, um einer weiteren Verwässerung des ursprünglichen Pilatestrainings entgegen zu wirken.

Mit Pilatestraining zu einem gesunden Körper

Durch die Fokussierung auf tiefliegende Muskelgruppen und eine Mobilisierung des gesamten Muskelapparates hat Pilates sehr positive Auswirkungen auf die Haltung. Besonders die Rückenmuskulatur, die durch häufige Büroarbeit in Mitleidenschaft gezogen wird, kann durch Pilates neu aufgebaut und nachhaltig gekräftigt werden. Volksleiden wie Verspannungen und Bandscheibenvorfälle können so bereits vor ihrer Entstehung verhindert werden. Deshalb haben sich bereits viele Arbeitgeber entschieden, Pilates im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsvorsorge anzubieten. Haltungsfehler oder geringfügige Fehlstellungen können durch regelmäßiges Training behoben werden. Auch von Stress geplagte Patienten erfahren durch den hohen Stretchinganteil in den Übungen und die bewusste Atemtechnik eine schnelle Besserung ihres Gesundheitszustandes. Durch den ganzheitlichen Ansatz ist Pilates ein Training für den ganzen Körper.

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