Erbbaurecht – was ist erlaubt und was nicht?

Wer träumt nicht von einem eigenen kleinen Häuschen mit einem Garten? Für viele Menschen ist das reine Utopie, für andere wiederum greifbar nah. Tatsächlich verschlingt der Kauf von einem Grundstück einen großen Teil des zur Verfügung stehenden Budgets. Es geht jedoch auch ganz anders.

Das Losungswort heißt in diesem Fall Erbbaurecht oder auch gern als Erbpacht bezeichnet, was allerdings nicht zutreffend ist. Erbbaurecht bedeutet, ein Haus kann auf einem Grundstück gebaut werden, wobei dieses einer anderen Person gehört. In Deutschland besteht das Erbbaurecht bereits seit mehr als 100 Jahren, hierüber gibt es genaue Paragraphen, die im Erbbaurechtsgesetz festgehalten wurden. Die Vorläufer dieser Form einer Grundstücksvergabe reichen bis in die Zeit der Römer zurück. Im Mittelalter verbreitete sich das Modell als Erbpacht weiter, besonders nach Seuchen, Kriegen und Hungersnöten.

Der Grund hierfür, Grundeigentümer konnten ihre Ländereien nicht mehr eigenständig bestellen und vergaben somit sogenannte Nutzungsrechte. Ab Ende des 18. Jahrhunderts nahm die Erbpacht deutlich ab, vor allem in den Gebieten, die Napoleon besetzte.

Erbbaurecht – was ist das eigentlich?

Bei einem Erbbaurecht pachtet eine Person, über einen im Vorfeld festgelegten Zeitraum, ein Grundstück eines anderen. In der Regel beträgt dieser Zeitraum zwischen 60 und 99 Jahre. In diesem Zeitraum tritt der Erbpachtgeber bestimmte Rechte an den Erbbaunehmer ab. Die Option auf diesem besagten Grundstück ein Haus neu zu bauen, es zu vermieten oder ein vorhandenes Gebäude sogar zu veräußern, liegt beim Erbbaunehmer.

Der Erbbaunehmer zahlt für die Nutzung des Grundstückes jährlich den sogenannten Erbzins, der beträgt vier bis sechs Prozent des Grundstückwertes. Vereinbart wird häufig ein Indexvertrag, sodass der Erbzins an die Inflationsrate angepasst werden kann. Nach der vereinbarten Laufzeit fällt das Grundstück inklusive eines eventuell neu gebauten Gebäudes an den Erbpachtgeber zurück. Natürlich wird für eine Immobilie eine Entschädigung fällig, die mindestens zwei Drittel des aktuellen Gebäudewertes darstellen muss. In einigen Fällen kann die Laufzeit des Vertrages verlängert werden, was gesetzlich, als vollkommen legitim gilt.

Vorteile von einem Erbbaurecht

Der wohl größte Vorteil bei einem Erbbaurecht wurde bereits erwähnt, dieser besteht darin, die Kosten für ein Grundstück einzusparen. Bei einem klassischen Grundstückskauf kann der dafür verlangte Preis leicht ein Viertel, in vielen Fällen auch mehr, der gesamten Kosten ausmachen. Dieser Grund zeichnet sich verantwortlich dafür, dass Erbbaurechtsgrundstücke in der Regel an Familien vergeben werden, die als eher einkommensschwach gelten.

Für viele ist dieses eine willkommene Chance, trotz dem fehlenden Geld, sich den Traum von einem Eigenheim zu erfüllen. Aus finanzieller Sicht erhöht sich das Eigenkapital, das ein Bauherr einbringt und somit sinkt der Finanzierungsbedarf bei einer Bank.

Normalerweise schlägt sich dieser Aspekt auf die Höhe des Darlehens aus, dennoch sollte der Bauherr im Vorfeld immer überprüfen, ob sich der Erbzins tatsächlich niedriger gestaltet, als jährliche Aufwendungen für ein Hypothekendarlehen.

Ein weiterer Vorteil liegt beim Erbbaurecht mit der Kirche. Diese bietet im Vergleich zu einigen Gemeinden, Stiftungen oder privaten Erbpachtgebern für Mitglieder bessere Konditionen an, was wiederum einem Bauherrn mit behinderten oder zahlreichen Kindern größere finanzielle Vorteile bringt.

Pluspunkte für den Grundstückseigentümer

Die Vorteile für einen Grundstückseigentümer bestehen in erster Linie darin, dass er sein Grundstück nicht veräußern muss, es jedoch nutzen kann. Zudem erhält er über den Erbbauzins eine laufende Rendite. In der Regel steigt außerdem der Wert eines Grundstücks mit den Jahren, was wiederum zu einer Wertsteigerung führt.

Im Gegensatz zu manchen Darlehen der Banken, muss der Pächter eine relativ geringe finanzielle Belastung hinnehmen. Grundsätzlich kann die Höhe des Erbzinses frei unter beiden Parteien verhandelt werden. Angenommen ein Grundstück verfügt über einen Wert von etwa 100.000 Euro, beträgt der Zins 5 Prozent. Die jährlichen Kosten sind also mit 5.000 Euro zu veranschlagen.

Nachteile des Erbbaurechts

Während ein Immobiliendarlehen einer Bank zu einem bestimmten Zeitpunkt getilgt ist, muss der Erbbauzins über die gesamte Vertragsdauer gezahlt werden. Zudem wird der Zins immer wieder neu an die wirtschaftlichen Begebenheiten angepasst. Somit kann der Verzicht auf einen Kauf auf lange Sicht gesehen ziemlich teuer werden.

Ein weiterer Minuspunkt besteht in der Tatsache, dass Gebäude auf einem solchen Grundstück  schwerer zu veräußern und Einbußen beim Verkaufspreis keine Seltenheit sind.

Was passiert, wenn das Erbbaurecht abläuft?

Ist die Zeit des Erbbaurechtes abgelaufen, bleiben beiden Parteien zwei Optionen:

  • der Grundstückseigentümer und der Berechtigte einigen sich über eine Verlängerung des Vertrages.
  • wird nichts unternommen, erlischt der Vertrag.

Nach Ende des vereinbarten Zeitraums fällt das Grundstück inklusive der darauf stehenden Gebäude wieder an den Grundstückseigentümer zurück. Der bisherige Eigentümer muss allerdings eine angemessene Entschädigung erhalten. Wurde das Erbbaurecht an eine einkommensschwache Familie vergeben, beträgt die Entschädigung mindestens zwei Drittel des Gebäudewertes.

Erbbaurechte werden in sehr seltenen Fällen von Privatpersonen vergeben. In der Regel handelt es sich hierbei um Gemeinden oder Städte, die das Wohneigentum an sozialschwache Familien oder jungen Personen abtreten, um sie zu entlasten. In den vielen Fällen handelt es sich um die katholische Kirche, als größten Eigentümer in Deutschland, hinzukommen noch Bistümer und Stiftungen, die diese Option anbieten.

Erbbaurecht und Erbpacht

Obwohl viele glauben, dass es sich bei einem Erbbaurecht und einer Erbpacht um ein und dieselbe Sache handelt, sind es tatsächlich zwei unterschiedliche Begebenheiten. Das Erbbaurecht bezeichnet das vertraglich vereinbarte Recht auf einem Grundstück, dessen Eigentümer der Bauherr nicht ist, ein Gebäude zu errichten. Die Erbpacht jedoch bezeichnet eine Nutzung von einer zeitlich nicht begrenzten Nutzung. Übrigens ist eine Erbpacht in Deutschland heute verboten. Der Begriff selber stammt aus der Zeit des Lehnswesens, als Grundbesitz und das Recht auf eine Bewirtschaftung voneinander getrennt bestanden. Zur damaligen Zeit wurde der Pachtzins nicht mit Geld, sondern mit Naturalien bezahlt.

Erbbaurecht – Tipps für Käufer und Verkäufer

Vielen Personen ist der Begriff Erbbaurecht nicht geläufig und sie werden erst damit konfrontiert, wenn sie ein entsprechendes Grundstück kaufen möchten. Was verlockend erscheint ist die Tatsache, dass der Kaufpreis niedriger ist, als bei einem Grundstück ohne Erbbaurecht.

Personen, die sich ein entsprechendes Objekt sichern möchten, müssen jedoch einige Kriterien beachten, denn das Erbbaurecht beinhaltet seine Tücken. Handelt es sich um eine Erbpacht, sollten Interessierte von vorn herein die Finger davon lassen, denn dieses ist bereits seit 1947 verboten. Wie schon erwähnt, besteht der kleine Unterschied darin, dass eine Erbpacht über einen unbegrenzten Zeitraum läuft, das Erbbaurecht hingegen auf eine bestimmte Zeit begrenzt ist.

Das Erbbaurecht im Einzelnen:

Erbbaurecht besteht aus einem Haus auf fremden Boden:
Pachtdauer: in der Regel über einen Zeitraum von 99 Jahre
Erbrechtgeber: Gemeinden, Kirchen, Stiftungen, selten Privatpersonen.
Erbbauzins: meistens zwischen 3 und 5 % des Grundstückswertes, welches jährlich gezahlt wird.

Was bedeutet das Risiko „Heimfall“?

Der Begriff Heimfall bedeutet beim Thema Erbbaurecht, dass ein Grundstück wieder an den Grundstücksgeber zurückfällt. Das recht kann sich der Eigentümer selber, vertraglich gesichert vorbehalten, wenn sich der Erbbaunehmer nicht an bestimmte Vereinbarungen hält. Hierunter fallen zum Beispiel, die Nichteinhaltung einer Zahlung oder die Verwahrlosung des Grundstückes.

Zum Heimfall kann es außerdem kommen, wenn eine Zweckentfremdung durch den Erbbauberechtigten stattfindet. Wichtiger Hinweis: vor einer Unterschrift sollten Erbbauberechtigte darauf achten, dass dringender Eigenbedarf des Eigentümers nicht vertraglich geregelt ist. In der Regel stellen Kirchen und Kommunen derartige Forderungen nicht, bei privaten Eigentümern kann es jedoch der Fall sein. Zudem muss stets darauf geachtet werden, dass das Erbbaurecht so lange wie möglich genutzt werden kann, sprich: 99 Jahre.

Fallen beim Erbbaurecht Grundsteuern an?

Um die Zahlung von Grundsteuern kommen auch Nutzer eines Erbbaurechts nicht herum. Allerdings werden diese anders ermittelt, als bei einem klassischen Immobilienkauf. Anhand der Differenz des Reinertragsanteils des Bodens und des tatsächlich anfallenden Erbbauzinses wird der kapitalisierte Zinsvorteil ermittelt.

In der Regel fällt der Erbbauzins geringer aus, als der Reinertragsanteil. Dieser Zinsvorteil wird auf die Restlaufzeit des Vertrages hochgerechnet und bildet zusammen mit den Bodenwert – Komponenten des Erbbaurechts. Hinzu kommen noch der Ertragswert – bzw. der Zeitwertanteil eines eventuellen Gebäudes.

Grundsteuer muss auf jeden Fall der Erbbauberechtigte zahlen, auch wenn dieser nicht der Grundstückseigentümer ist. Für den Fiskus ist lediglich der Belang wichtig, dass dieser der wirtschaftliche Eigentümer ist. Eine Berechnung erfolgt immer wie bei einem herkömmlichen Haus – oder Grundstückskauf.

Der Kauf – oder Pachtvertrag funktioniert auch hier nicht ohne eine notarielle Beurkundung, allerdings sind weitere Vertragsinhalte zu bedenken. Hierzu zählen die Laufzeit, die Höhe des Erbbauzinses und die Art der Nutzung. Nicht nur im Grundbuch wird nach Vertragsabschluss ein entsprechender Eintrag vorgenommen, sondern auch im Erbbaugrundbuch.

Die gesetzliche Grundlage des Erbbaurechtes bildet das Gesetz über das Erbbaurecht vom 15. Januar 1919 in seiner heutigen Form. Es wurde allerdings im Jahr 2007 in Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) umbenannt.

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