Immobilienfinanzierung: Zinsen bei Hypothekendarlehen steigen wieder

Die Zinsen für Immobiliendarlehen sind seit Ende April wieder deutlich gestiegen. Damit scheint die Zeit der super günstigen Bauzinsen wohl vorbei. Wer den Abschluss neuer Kredite plant, sollte daher nicht mehr zu lange warten, um sich die aktuell niedrigen Zinsen zu sichern. Auch bei bestehenden Finanzierungen kann es sinnvoll sein, schon jetzt zu handeln, um steigende Kosten zu vermeiden.

Wie die Zinsentwicklung Baudarlehen beeinflusst

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Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise waren die Notenbanken rund um den Globus gezwungen, die Leitzinsen zu senken, um die Konjunktur anzukurbeln. Niedrige Zinsen sollten dafür sorgen, dass Unternehmen und Privatpersonen Kredite aufnehmen und Investitionen tätigen. In den USA liegt der Leitzins bereits seit 2009 nahe der Null-Prozent-Marke, auch in Europa hat sich die EZB im September 2014 dazu entschieden, den Leitzins auf 0,05 Prozent zu senken. Gleichzeitig wurde in Europa im Januar 2015 ein Anleihekaufprogramm gestartet, um noch mehr Geld in die Märkte zu pumpen. Die Banken haben somit rund um den Globus die Möglichkeit, sich Kredite von den Zentralbanken quasi zum Nulltarif zu leihen. Die Vergabe von Darlehen an die Kundschaft erfolgt seither zu historisch niedrigen Zinsen.

Leichter Zinsanstieg seit April 2015

Die EZB setzt nach wie vor auf Niedrigzinsen, das Anleihekaufprogramm soll sogar bis ins Jahr 2016 fortgesetzt werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, die Inflation auf ein Niveau von rund zwei Prozent zu heben, denn dieser Wert gilt gemeinhin als gesund. Nach wie vor ist Europa jedoch weit von diesem Inflationsziel entfernt, sodass die Zinsen in den kommenden Monaten kaum steigen werden. Dennoch haben sich die Bauzinsen seit April 2015 leicht erhöht. Hintergrund sind lang laufende festverzinsliche Wertpapiere, die die Banken für die Gegenfinanzierung nutzen. Müssen die Institute für die Papiere mehr Geld bezahlen, werden sie diese Kostenerhöhung an die Kunden weitergeben. Durchschnittlich sind die Konditionen zwischen April 2015 und August 2015 um gut 0,5 Prozent pro Jahr gestiegen. Nach wie vor befinden sich die Konditionen jedoch auf einem historisch niedrigen Niveau, das Kreditnehmer freut.

Die Zinsen werden wieder steigen

Auch wenn sowohl in Europa als auch in den USA derzeit noch historisch niedrige Leitzinsen herrschen, steigt das Risiko einer Zinserhöhung. In den USA spricht Fed-Chefin Yellen bereits seit Monaten davon, die Zinsen Ende des Jahres erhöhen zu wollen. In Europa ist dieses Risiko derzeit noch gering, doch sobald die Inflation wieder steigt, wird auch die Zentralbank hierzulande gezwungen sein, das Zinsniveau wieder anzuheben. Spätestens dann müssen Baukunden wieder tiefer in die Tasche greifen und mehr Geld an die Bank bezahlen. Sollten sich die Bauzinsen lediglich um ein Prozent erhöhen, bedeutet dies bei einem Kreditbetrag von 200.000 Euro eine Mehrbelastung von 2.000 Euro pro Jahr. Dabei gilt, dass die Mehrbelastung natürlich umso größer ist, je stärker die Zinsen steigen. Kreditnehmer, die ein neues Darlehen benötigen, sollten daher kurzfristig handeln und ihr Wunschdarlehen mit der Bank vereinbaren. Wer bereits ein Darlehen besitzt, sollte ebenfalls reagieren und mit der Bank in Verhandlung treten.

Das Risiko kurzfristiger Zinsbindungen

Kreditnehmer, die sich jetzt neu für ein Darlehen entscheiden, sollten Kredite mit langer Zinsbindung wählen. Bei Annuitätendarlehen werden die Zinsen nur für einen bestimmten Zeitraum festgeschrieben. Viele Darlehensnehmer entscheiden sich dabei für eine zehnjährige Zinsbindung. Nach Ablauf von zehn Jahren müssen die Konditionen mit der Bank dann wieder neu verhandelt werden. Eine solche Vereinbarung birgt in der aktuellen Situation jedoch hohe Risiken, denn während die Zinsen aktuell sehr niedrig sind, könnten sie bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist steigen. Für Kreditnehmer bedeutet dies dann eine deutlich höhere monatliche Belastung:

Kreditbetrag jährliche Zinsbelastung bei 3%  jährliche Zinsbelastung bei 5%
 100.000 Euro  3.000 Euro  5.000 Euro
 150.000 Euro  4.500 Euro  7.500 Euro
 200.000 Euro  6.000 Euro  12.000 Euro

Diese Aufstellung zeigt, dass die Zinsbelastung bei steigenden Zinsen deutlich höher ausfallen kann. Es ist daher sinnvoll, in der aktuellen Situation eine langfristige Zinsbindung von 15, 20 oder 25 Jahren zu wählen. So bleibt der Zins langfristig gesichert und die monatliche Rate bietet Planungssicherheit. Zwar berechnen die Banken bei längeren Zinsbindungen häufig einen geringen Zinsaufschlag, dieser kann jedoch als eine Art „Versicherung gegen steigende Zinsen“ angesehen werden.

Die niedrigen Zinsen in die Tilgung investieren

Das aktuell niedrige Zinsniveau sorgt dafür, dass die monatliche Rate bei Annuitätendarlehen vergleichsweise günstig ist. Dies bietet deutlich mehr Menschen die Möglichkeit, die eigenen vier Wände zu finanzieren und sich den Traum vom Eigenheim zu finanzieren. Um die Rate niedrig zu halten, nutzen viele Kreditnehmer zudem die Möglichkeit, eine niedrige anfängliche Tilgung zu wählen. Vielfach kann die Tilgung zwischen einem und fünf Prozent gewählt werden. Dabei ist die monatliche Rate natürlich umso niedriger, je geringer die Tilgung vereinbart wird.

Kreditbetrag Zins 3%, Tilgung 1% Zins 3%, Tilgung 3% Zins 3%, Tilgung 5%
 100.000 Euro  333,33 Euro  500 Euro  666,67 Euro
 150.000 Euro  500 Euro  750 Euro  1.000 Euro
 200.000 Euro  666,67 Euro  1.000 Euro  1.333,33 Euro

(Angaben ohne Gewähr)
Die monatliche Rate ist demnach deutlich höher, wenn eine höhere Tilgung vereinbart wird. Gleichzeitig sorgt die höhere Tilgung aber auch dafür, dass der Kredit schneller zurückgezahlt werden kann. Nachfolgende Aufstellung soll zeigen, welche Laufzeit für ein Darlehen bei einem Sollzins von drei Prozent je nach Tilgungsanteil berücksichtigt werden muss.

Anfängliche Tilgung Laufzeit
1% ca. 46 Jahre
2% ca. 30 Jahre
3% ca. 23 Jahre
4% ca. 18 Jahre
5% ca. 15 Jahre

Da die Zinsbelastung aktuell aufgrund des niedrigen Leitzinses eher gering ist, sollten Kreditnehmer diese Ersparnisse in die Tilgung investieren. Sollten die Zinsen später wieder steigen, kann die Tilgung bei Bedarf reduziert werden, um die höhere Zinsbelastung zu finanzieren. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass sich die Restschuld am Ende der Zinsbindung durch die höhere Tilgung deutlich reduziert. So kann das Risiko steigender Zinsen ebenfalls deutlich gesenkt werden.

Sondertilgungs- und Tilgungsänderungsoptionen für mehr Flexibilität

Nicht alle Kreditnehmer haben jedoch die Möglichkeit, eine hohe monatliche Ratenbelastung zu finanzieren. Sie sollten sich daher eine Sondertilgungsoption in den Darlehensvertrag integrieren lassen. Diese Sondertilgungsoption sorgt dafür, dass während der Kreditlaufzeit nicht nur die monatlichen Raten eingezahlt werden können. Zusätzlich haben Kreditnehmer die Möglichkeit, weitere Gelder, etwa aus einer Provisionszahlung, einer Erbschaft oder der Auszahlung einer Versicherung, in den Kredit zu investieren. Durch die Sonderzahlung reduziert sich sofort die noch vorhandene Restschuld und damit auch die Zinsbelastung. Die monatliche Annuität, also die Kreditrate, bleibt hingegen gleich. Dies führt dazu, dass innerhalb der Rate der Tilgungsanteil steigt und die Kreditrückzahlung so noch schneller erfolgen kann. Flexibilität bei Baufinanzierungen bietet aber nicht nur die Sondertilgungsoption. Auch die Tilgungsänderungsoption kann hilfreich sein. Sie ermöglicht die Reduzierung oder die Erhöhung der Kreditrate, die so auf die persönlichen Lebensumstände angepasst werden kann.

Forwarddarlehen sichern die heute niedrigen Zinsen

Kreditnehmer, die eine vergleichsweise kurze Zinsbindungsfrist vereinbart haben, die in Kürze ablaufen wird, sollten jetzt ebenfalls reagieren. Sie müssen mit Ablauf der Zinsbindung mit ihrer Bank neu in Verhandlung treten und den Kreditzins verhandeln. Sollten die Zinsen bis zu diesem Termin steigen, wird sich ganz sicher auch der Zins für das vorhandene Darlehen und damit die monatliche Rate erhöhen. Es kann sich für Kreditnehmer daher lohnen, frühzeitig an die Bank heranzutreten und die Verhandlungen zu starten. So genannte Forwarddarlehen können bis zu fünf Jahre vor dem eigentlichen Prolongationstermin abgeschlossen werden. Es handelt sich dabei um klassische Annuitätendarlehen, die jedoch nicht sofort nach Vertragsabschluss ausgezahlt werden. Die Auszahlung erfolgt vielmehr erst zum vereinbarten Termin in der Zukunft. Auch Zinskosten müssen nicht berücksichtigt werden. Bis dahin bleibt das vorhandene Darlehen wie bisher bestehen. Mit dessen Ablauf wird das Forwarddarlehen dann ausgezahlt und die monatliche Rate fällt an.

Die Suche nach günstigen Forwarddarlehen

Forwarddarlehen müssen nicht unbedingt bei der Bank abgeschlossen werden, die die aktuelle Finanzierung übernommen hat. Da ein Darlehen mit Ablauf der Zinsbindung ohne zusätzliche Kündigung zurückgezahlt werden kann, ist es auch möglich, eine andere Bank zu wählen. Kreditnehmer haben hiermit die Möglichkeit, verschiedene Banken zu vergleichen und die Konditionen gegenüber zu stellen. Wurde dann ein günstiges Kreditinstitut gefunden, kann das Forwarddarlehen hier abgeschlossen werden. Mit Ablauf des bestehenden Darlehens wird die neue Bank den Kreditbetrag überweisen und den bestehenden Kredit hiermit zurückzahlen. Die Grundschuld wird in diesem Zuge natürlich übertragen, um das Darlehen abzusichern. Diese Übertragung wird zwischen den Banken vereinbart, sodass sich Kreditnehmer selbst um nichts kümmern müssen. Damit wird die Suche nach einer neuen Bank noch einfacher und ist auch für Laien problemlos durchführbar.

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